Soziale Fußfesseln

oder: Warum "Krypto bauen" allein nicht reicht


Die schöne neue Welt zerbricht.

Die Versuche, Rechte an geistigem Eigentum energisch durchzusetzen und Konsumverhalten transparent zu machen, häufen sich. Es dräuen elektronische Ausweise und Gesundheitskarten, Anbieter von Telekommunikationsleistungen sollen langfristig Verbindungsdaten speichern. Ämter gleichen ihre Datenbestände ab, vorgeblich, um "Mißbrauch" aufzudecken...

Und es geht kein Aufschrei durchs Land.

Mainstream-Medien schweigen bis auf seltene Ausnahmen. Das Häuflein aufrechter Datenschützer scheint sich selbst zu genügen und sinnt auf technische Abhilfe.

Dennoch waren vierzig Prozent der Besucher eines Vortrags zum Thema "Biometrie" waren bereit, ihre Fingerabdrücke registrieren zu lassen.



Was läuft da falsch?

Das Problem schleichender Auflösung der Privatsphäre hat durchaus nicht nur technische, sondern auch politische und soziale Dimensionen.

Politik wird längst nicht mehr nur in den Parlamenten der Einzelstaaten gemacht - in zwischenstaatlichen Organisationen wie dem Europarat, der G8-Gruppe und den Institutionen der Europäischen Gemeinschaft fallen richtungsweisende Entscheidungen ohne die bislang üblichen Beratungs- und Diskussionsprozesse der Zivilgesellschaft.

Es ist schwierig, die Feinheiten und Implikationen internationaler Zusammenarbeit zu durchschauen. Eine öffentliche Diskussion findet nicht statt und der interessierte Bürger ist höchstens frustriert, wenn einmal mehr Beschlüsse aus Brüssel oder Straßburg "umgesetzt" werden müssen, von denen er nichts gewußt hatte.


Wir sind gewohnt, ein Individuum für seine Handlungen für verantwortlich zu halten. Doch konnten Sozialpsychologen wie Milgram oder Susan Fiske nachweisen, daß der soziale Kontext einer Handlung eine wichtige Rolle spielt. So zeigten sie, daß auch durchschnittliche Menschen zu unethischen Handlungen bereit waren, wenn sie glaubten, eine anerkannte Autorität erwarte es von ihnen.

In diesem Licht wird verständlich, wieso einige Besucher des Biometrie-Vortrages scheinbar alle Bedenken fahren ließen und gegen ihre vermutliche Überzeugung handelten.


Reichen technische Lösungen aus?

Ist es unter diesen Umständen zu erwarten, daß durchschnittliche Bürger beginnen, ihre Kommunikation zu verschlüsseln oder sich anonym im Internet bewegen, wie Datenschützer es vorschlagen?

Nein, natürlich nicht.

Nicht, weil der überwiegende Teil der Bevölkerung un(ter)informiert ist und deshalb keinen Handlungsbedarf erkennen kann.

Nicht, wenn wir den Erkenntnissen der
Sozialpsychologen glauben. Die Wahrscheinlichkeit, daß Datenschützer als anerkannte Autorität gelten, scheint mir gering.

Nicht, weil die Handhabung der angebotenen Werkzeuge die Fähigkeiten des durchschnittlichen Computerbenutzers bei weitem übersteigt.


Was bleibt?

Ich glaube, daß es auf diese komplexe Frage keine einfache Antwort gibt - wichtig scheint mir, das Ziel einer lebenswerten Gesellschaft für alle nicht aus den Augen zu verlieren.


TUN

Nein zu Volksentscheiden im Bund - zu komplex

25.12.05

Der Präsident des Bundesverfassungsgerichtes, Papier, ist gegen die Einführung von Volksentscheiden auf Bundesebene. Für komplexe Probleme reiche ein "Ja" oder "Nein" eben nicht aus.

Nun will ich nicht ernsthaft bestreiten, daß das Leben komplizierter geworden ist. Aber deshalb wichtige Entscheidungen von anderen treffen lassen?

Es gibt Themen, wie die jüngst im Bundestag diskutierte Vorratsdatenspeicherung, bei denen ich stark zweifle, ob selbst interessierte Abgeordnete das Problem in voller Tragweite verstehen können.

Sollten dann - ähnlich pragmatisch - unabhängige Fachleute den Abgeordneten bei der Entscheidungsfindung helfen? Oder in Zeiten knapper Kassen auch nur Fachleute? Die Vorstellung, daß irgendwann Politik hauptsächlich von denen bestimmt werden könnte, die genügend Mittel für gute Lobby-Arbeit bereitstellen, schaudert mich.

Vielleicht ist sie nicht mehr fern.

TUN


Weiterführende Links:
Wikipedia: Lobbying
Wikipedia: Vorratsdatenspeicherung

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